(Februar 2023)
Unzählige Frauen sind regelmäßig häuslicher Gewalt ausgesetzt. Schutz sollen sie in Frauenhäusern finden. „Heute Morgen standen sieben von 64 Frauenhäuser in NRW auf grün“, beschreibt Maike Schöne, Leiterin des Frauenhauses im Kreis Soest. Auch Soest ist an diesem Tag auf „rot“: Kein Platz mehr frei. Das Frauenhaus im Kreis Soest verfügt über acht Plätze für Frauen. Manche haben kein Kind, manche 5 Kinder. Die Platzzahl reicht bei weitem nicht aus. 6.000 Belegungstage zählt die Einrichtung im Durchschnitt jährlich, 6.000 in 19 Betten für Frauen mit ihren Kidnern.
„Die Verhältnisse sind sehr beengt. Das sucht sich keine Frau aus“, sagt Schöne. Die Frauen bleiben mit ihren Kindern für eine Nacht oder für Monate. In den letzten Jahren, wissen Pfarrerin Birgit Reiche und Maike Schöne, ist es noch schwerer geworden, geeignete Wohnungen für die von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen zu finden.
Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der in verschiedener Hinsicht Abhilfe schaffen soll. Demnach ist je 10.000 Einwohner*innen ein Platz in einem Frauenhaus vorzuhalten. Für den Kreis Soest mit 300.000 Einwohnern wären das 30 Frauenhaus-Plätze. 8 Plätze gibt es derzeit.
Seit 33 Jahren ist die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. (EFHiW) Trägerin des Frauenhauses im Kreis Soest. Die Bereitschaft zum Ausbau sei vorhanden, erklärt Pfarrerin Reiche. Mehr als das: Einen Antrag auf Fördergelder für eine bauliche Erweiterung haben sie sogar schon gestellt, berichtet Reiche. Das zuständige NRW-Ministerium hat ihn befürwortet und nach Berlin weitergeleitet. Das war im November 2021. Im Sommer habe die zuständige „Bundesservicestelle“ auf eine Rückfrage hin erklärt, im Herbst 2022 sei mit einer Antwort zu rechnen, zuletzt war vom ersten Quartal 2023 die Rede. Bisher ist nichts passiert.
Die EFHiW strebt in Soest eine Verdopplung der Frauenplätze an. Für die baulichen Veränderungen sei der Bundesantrag gestellt worden. Mindestens eine Personalstelle mehr im Erwachsenen- und eine im Kinderbereich müsste zusätzlich entstehen, wenn die Platzzahl steige. „16 Plätze sind besser als acht. Von den 30 Plätzen ist die Zahl dann aber immer noch weit entfernt“, erläutert die Leitende Pfarrerin. „30 Frauen samt Kindern in einem Haus unterzubringen, verkraftet ein einziger Standort, seine Schul- und Kita-Infrastruktur, nicht. Ein zweites Haus müsste her.“
Grundsätzlich wäre die Frauenhilfe bereit, auch ein zweites Frauenhaus im Kreis zu betreiben. Das Knowhow ist vorhanden, die Strukturen stünden zur Verfügung. „Wir wären auch bereit, das Risiko zu tragen. Das tut die Frauenhilfe schon aus ideologischen Gründen“, sagt Birgit Reiche. „Aber: Wir fungieren nicht als Feigenblatt für die Politik. Die Grundausstattung muss steuerlich finanziert sein.“