Frauenhaus fast durchgängig überbelegt

(März 2024)

Frauenhaus fast durchgängig überbelegt (März 2024)

28 Frauen und 49 Kinder fanden im letzten Jahr Schutz im FRAUENHAUS SOEST“, stellt Pfarrerin Anne Heckel fest. Die Geschäftsfeldleiterin der Anti-Gewalt-Arbeit der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. (EFHiW) führt an, dass schon für das Jahr 2022 Maike Schöne, Leiterin der Einrichtung, darüber informiert hatte, dass die Auslastungsgrenze mit 7.095 Belegungstagen überschritten war. „Diese Grenze wurde in 2023 noch weiter ausgereizt“, führt Anne Heckel aus: „Mit 7.727 Belegungstagen war das Frauenhaus im letzten Jahr fast durchgängig überbelegt!

Auf die bis zu acht Plätze für Frauen bietet das Frauenhaus elf Plätze für Kinder, die ihre Mütter begleiten. Für kleinere Kinder können darüber hinaus Kinderbettchen in die Zimmer gestellt werden, so dass das Haus über die 19 regulären Plätze belegt werden kann. „Gerade von Gewalt betroffene Frauen mit mehreren Kindern benötigen das Angebot eines Schutzraums, wo sie im Familienverbund aus der Gewaltsituation hin fliehen können“, so Heckel. „Doch gerade für diese Familien stellt der aktuelle Wohnungsmarkt eine enorme Hürde für den Auszug aus dem Frauenhaus dar.

Frauenhaus - Ein Haus der Kinder

Die Mehrzahl der Bewohner*innen des FRAUENHAUS SOEST sind Kinder. Mit ihrem Getrappel und ihrem Spielzeug prägen sie das Leben des Hauses. Die Schutzeinrichtung ist für sie eine wichtige Chance, die Gewaltspirale, in der sie bisher lebten, zu durchbrechen und ihnen Entwicklungs-Chancen zu eröffnen. „Sie haben mindestens als Zeug*innen schon früh Gewalt erlebt, was Spuren in der Persönlichkeitsentwicklung hinterlässt“, führt die Geschäftsfeldleiterin aus. Aufgewachsen in einem Klima der Angst, zeigen sich vielfältige Reaktionen wie zum Beispiel Schulprobleme, Schlafstörungen, Essstörrungen und eine verzögerte Sprachentwicklung. Das Erleben von Gewalt gegen die Mutter verstärkt das Risiko als Erwachsene selbst Schwierigkeiten im Umgang mit Gewalt zu haben [1].

Seit November 2023 wird die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verstärkt. „Durch die Förderung durch das Land und die Kommune konnte eine sozialpädagogische Stelle für die im Haus lebenden Kinder und Jugendliche eingerichtet werden“, erklärt Pfarrerin Birgit Reiche, Geschäftsführerin der EFHiW. Sie ergänze die bestehende Betreuungsstruktur im Haus. Mit den beiden Fachkräften, die sich die Stelle teilen, kommen die Kinder und Jugendlichen in besonderer Weise in den Fokus. Der eine Schwerpunkt liegt darin, eine individuelle Infrastruktur aufzubauen, der andere ist, kindgerecht erlebte Gewalt zu thematisieren und die Beziehung zwischen Kindern und Müttern zu stärken. „Die neue Fachlichkeit im Team des Frauenhauses hat das Ziel, dass die Familien gut aufgestellt, in eine neue Phase des Lebens nach dem Frauenhausaufenthalt starten“, erläutert Birgit Reiche. Und fügt energisch hinzu: „Es ist wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen für ihr Leben eine Perspektive entwickeln können.

8 von 30 Plätzen im Kreis Soest vorhanden

Seit 1990 sind im Kreis Soest nur 8 Plätze vorhanden – jene im derzeit bestehenden FRAUENHAUS SOEST“, stellt Anne Heckel nochmals fest. Laut der Istanbul-Konvention ist das Land verpflichtet, entsprechende Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt einzurichten und zu finanzieren. Demnach ist je 10.000 Einwohner*innen ein Platz in einem Frauenhaus vorzuhalten. Für den Kreis Soest mit 300.000 Einwohner*innen wären das 30 Plätze für Frauen. „Wir als Westfälische Frauenhilfe arbeiten weiter an unseren Plänen, eine Erweiterung auf 16 Plätze für Frauen in Soest umzusetzen“, fasst die Geschäftsfeldleiterin die Bemühungen zusammen. Dafür seien sie diesbezüglich mit der Stadt, dem Kreis und den zuständigen Landesministerien im Gespräch.

Hintergrund

Das FRAUENHAUS SOEST der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen verfügt über 19 Plätze für Frauen und ihre Kinder. Konkret heißt dies: für 8 Frauen mit ihren Kindern. Es bietet Frauen und ihren Kindern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine geschützte, anonyme Wohnmöglichkeit, Beratung und Begleitung während des Veränderungsprozesses.
Weiteres unter www.frauenhaus-soest.de

In jedem Fall von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt ist die Beratung über die FRAUENBERATUNG SOEST unter www.frauenberatung-soest.de oder über das Hilfetelefon (www.hilfetelefon.de oder 08000 116016) sinnvoll.

Die „Kreiskooperationsrunde gegen häusliche Gewalt und für Kinderschutz im Kreis Soest“ hat unter www.kreis-soest.de/aktiongegengewalt Flyer und Informationen über alle Beratungseinrichtungen im Kreis.

Unter www.frauen-info-netz.de sind freie Plätze der Frauenhäuser landesweit ersichtlich. Seit letztem Jahr ist neu eine bundesweit eingerichtete Suchmaske unter www.frauenhaus-suche.de.


[1] Vgl. Kinder und Partnerschaftsgewalt - Frauenhauskoordinierung

 

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